von Bernhard Schmidt-Hertha und Rudolf Tippelt
Mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen – insbesondere dem deutlich wachsenden Anteil älterer Menschen in nahezu allen Industrienationen – verändern sich auch die Anforderungen an das dritte Lebensalter. Für Bildungsprozesse stellen sich die personenbezogenen kognitiven Voraussetzungen äußerst divers dar und das kalendarische Alter erweist sich als unzulängliches Kriterium für die Differenzierung von Zielgruppen. Einschlägige Studien verweisen nicht nur auf ein Kompetenzgefälle zwischen jüngeren und älteren Erwachsenen im Hinblick auf deren Mediennutzungskompetenz, sondern auch im Bereich der Lesekompetenz und Alltagsmathematik schneiden ältere Erwachsene signifikant schlechter ab. Es überrascht, dass sich der Einfluss der Herkunftsfamilie auch im höheren Erwachsenenalter stark auf grundlegende Kompetenzen auswirkt, was aber auch darauf hinweist, dass Kompetenzentwicklung nicht nur durch das Alter erklärt werden kann.
Das Konzept der Lebenskompetenz scheint für Forschungsarbeiten zur Kompetenzentwicklung im hohen Alter anschlussfähig. Unter Lebenskompetenz werden dabei nicht nur basale kognitive Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Bewältigung des Alltags verstanden, es geht vor allem um psychosoziale Dispositionen wie Empathie, Umgang mit Belastungen, Kommunikation und Selbstbehauptung, die die gesellschaftliche Partizipation stärken. Diskurse über „Weisheit“ lenken den Blick auf Spitzenleistungen im Bereich psychosozialer Problemlösungen, für die ein gewisses Alter vielfach als notwendige Voraussetzung beschrieben wird.
Die Bedingungen und Chancen für Bildungsteilhabe sind nicht nur zwischen sozialen Gruppen, sondern auch zwischen Generationen ungleich verteilt. Dabei geht es u. a. um die mit Bildungszertifikaten verbundenen Arbeitsmarktchancen und die frühe Auseinandersetzung mit der Idee des lebenslangen Lernens. Die Bildungsbarrieren älterer Erwachsener sind ähnlich vielfältig wie deren Bildungsinteressen und -motive. Dabei kann die ungenügende Erreichbarkeit passender Angebote ebenso eine Rolle spielen wie die Exklusion von Bildungsmöglichkeiten, gesundheitliche Einschränkungen oder negative Altersbilder. Die bis ins hohe Alter vorhandenen Möglichkeiten von Entwicklungsgewinnen können durch Bildungsprozesse realisiert werden, wenn diese durch differenzierte Angebote auch individuell bedeutsame Erfahrungen ermöglichen.
Der vollständige Beitrag im Buch gliedert sich wie folgt:
24.1 Alter als Lebensphase
24.2 Individuelle Voraussetzungen für Bildung im Alter
- 24.2.1 Kognitive Entwicklung
- 24.2.2 Kompetenzen im Alter
- 24.2.3 (Bildungs-)Biografische Bedingungen
24.3 Strukturelle Voraussetzungen für Bildung im Alter: Anbieter und Angebote
- 24.3.1 Anbieter
- 24.3.2 Angebotsstrukturen und -formate
24.4 Bildungsbeteiligung, Bildungsinteressen und Bildungsbarrieren im höheren und hohen Erwachsenenalter
- 24.4.1 Bildungsbeteiligung und -interessen
- 24.4.2 Bildungsbarrieren
24.5 Wirkungen von Bildung
24.6 Potenziale einer Bildung im höheren und hohen Erwachsenenalter
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