von Josef Schrader
Der sogenannte vierte Bildungsbereich, die Erwachsenen- und Weiterbildung, wird in Anlehnung an ein Mehrebenenmodell dargestellt, das zwischen der Ebene der bildungspolitischen Steuerung und der institutionellen Rahmenbedingungen, der Ebene der Organisationen, der Programme und Angebote sowie der Lehr- und Lernprozesse unterscheidet. Eine Vielzahl nationaler, supra- und internationaler und auch zivilgesellschaftlicher Akteure versucht, weithin unkoordiniert, Einfluss auf die Ausgangsbedingungen, die Prozesse und die Wirkungen des Lernens Erwachsener zu nehmen. Die institutionelle Heterogenität der Erwachsenen- und Weiterbildung wird sichtbar in einer großen Zahl von gemeinschaftsorientierten, öffentlich-rechtlichen bzw. staatlichen, innerbetrieblichen und marktorientierten Organisationen, die sich unter ganz unterschiedlichen Kontextbedingungen reproduzieren. Bemerkenswert ist, dass sich regional deutliche Unterschiede in den Anbieter- und Angebotsstrukturen zeigen, die sich auf die Wirtschaftskraft, auf historische Traditionen und die jeweiligen gesetzlichen Regelungen zurückführen lassen. Eine Gemeinsamkeit von Weiterbildungseinrichtungen besteht darin, dass sie in der Regel mit einer kleinen Zahl von hauptberuflich Beschäftigten mit planend-disponierenden Aufgaben arbeiten sowie einer größeren Zahl von neben- oder freiberuflich Beschäftigten, die überwiegend lehrend tätig sind. Die Beschäftigungsbedingungen variieren je nach Beschäftigungsstatus und Kontextbindungen erheblich.
Blickt man auf die Angebote und Programme der Erwachsenen- und Weiterbildung, so zielen sie zunächst auf die kompensatorische Vermittlung von Basiskompetenzen und auf das Nachholen von Schulabschlüssen. Einen zweiten Schwerpunkt bilden Angebote zu Kommunikations- und Schlüsselfähigkeiten (Fremdsprachen, soziale Kompetenzen) und zur Begleitung Erwachsener in ihren je besonderen Rollen und Lebensräumen außerhalb von Politik und Beruf (in der Familien-, Gesundheits-, Umwelt-, Verbraucher-, Freizeit- oder der kulturellen Bildung). Hinzu kommen Angebote der politischen Bildung. Einen sehr großen Angebotsbereich bilden Veranstaltungen der erwerbs- und berufsbezogenen Anpassungs- und Aufstiegsfortbildung. Das Gesamtangebot ist in Teilbereichen stark segmentiert oder gar monopolisiert, während in anderen Themenbereichen Anbieter unterschiedlicher Kontexte miteinander konkurrieren.
Blickt man auf die Ebene der Lehr-Lernprozesse, so zielt die Erwachsenen- und Weiterbildung auf die Vermittlung anwendbaren Wissens zur Sicherung der Handlungsfähigkeit ihrer Adressaten beim Umgang mit Sachen und Symbolen, mit anderen, mit der eigenen Person sowie mit grundlegenden Werten und Normen des Zusammenlebens. Sie nutzt dazu sowohl genuin wissenschaftliches Wissen, aber auch kodifiziertes Expertenwissen, alltägliches Erfahrungswissen und religiöses und metaphysisches Wissen.
Der vollständige Beitrag im Buch gliedert sich wie folgt:
20.1 Erwachsenen- und Weiterbildung in Deutschland
20.2 Volks-, Erwachsenen- und Weiterbildung: Institutionalisierung des lebenslangen Lernens
20.3 Anbieter der Erwachsenen- und Weiterbildung
20.4 Angebote und Lehr-Lernprozesse in der Erwachsenen- und Weiterbildung
20.5 Potenziale der Erwachsenen- und Weiterbildung
Weiterführende Informationen im Web