von Harm Kuper und Josef Schrader
Mit der fortschreitenden Institutionalisierung des lebenslangen Lernens hat sich die Erwachsenen- und Weiterbildung zu einem bedeutender werdenden Bereich nationaler Bildungssysteme entwickelt. Die Etablierung von Large Scale Assessments wie der PIAAC- und der level-one-Studie hat diesen Bildungsbereich – ähnlich wie zuvor die Schule – mit wachsenden Effektivitäts- und Effizienzerwartungen konfrontiert. Damit stellt sich zum einen die Frage, ob die Erwachsenen- und Weiterbildung versprochene oder erwartete Wirkungen und Erträge im Zusammenspiel von spezifischen Angeboten und ihrer Nutzung tatsächlich erreicht. Zum zweiten ist zu fragen, ob das Angebot und die Nutzung durch politische, rechtliche und finanzielle Regelungen (supra-)nationaler oder zivilgesellschaftlicher Akteure so gesteuert werden, dass versprochene und erwartete Wirkungen und Erträge auch erreicht werden.
Die Wirkungsforschung steht vor besonderen methodischen und theoretischen Herausforderungen, da geklärt werden muss, was Erträge sind (etwa Einkommenszugewinne, Arbeitsplatzsicherheit oder Wohlbefinden) und in welchem Verhältnis sie zu den Bildungsaktivitäten stehen. In Befragungen, die auf Selbsteinschätzungen der Teilnehmenden beruhen, lässt sich feststellen, dass kriterial deutlich identifizierbare Nutzenaspekte weniger erwartet werden als kriterial weichere Nutzenaspekte. Generell muss dabei mit einer subjektiven Überbewertung des Nutzens von Weiterbildung gerechnet werden. Studien, die sich auf Annahmen der Humankapitaltheorie stützen und nach Lohneffekten fragen, konnten nach Kontrolle der Eingangsselektivität bislang keine signifikanten Einkommenseffekte der Beteiligung an non-formaler Bildung nachweisen. Evaluationen zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen konnten als zentrales Ergebnis den lock-in-Effekt feststellen, wonach Personen bei der Teilnahme an länger andauernden Weiterbildungsformaten gebunden sind und damit von neuen Erwerbstätigkeiten abgehalten werden.
In den vergangenen Jahren hat sich mit der Educational Governance ein interdisziplinäres Forschungsfeld entwickelt, das sich mit der Steuerung von (Weiter-)Bildung durch nationale, supra- und internationale sowie zivilgesellschaftliche Akteure beschäftigt. Im Fokus steht dabei die Frage, wie Akteure auf unterschiedlichen Ebenen ihre Handlungen koordinieren. Als Akteure kommen Staaten, Organisationen, Korporationen und Individuen in den Blick, die sich als zielgerichtet handelnde Einheiten im Mehrebenensystem der (Weiter-)Bildung identifizieren lassen. Zentraler und einflussreichster Akteur für die Erwachsenen- und Weiterbildung bleibt der (National-)Staat, der mittels rechtlicher Regelungen und finanzieller Förderung Einfluss auf institutionelle Strukturen, Programme und auch auf die Beschäftigungsbedingungen des Personals nimmt. Akteure auf inter- und supranationaler Ebene wie die EU oder die OECD üben allein schon durch ihre Agentschaft für das lebenslange Lernen einen wachsenden Einfluss aus und haben einen transnationalen Bildungsraum etabliert; sie stützen sich dabei u. a. auf Rankingstudien und auf die Etablierung von länderübergreifenden Diskursen, u. a. zur Zertifizierung informellen und non-formalen Lernens.
Der vollständige Beitrag im Buch gliedert sich wie folgt:
22.1 Wirkungen der Weiterbildung
- 22.1.1 Bewertung der Erträge von Weiterbildung in der Berichterstattung (AES)
- 22.1.2 Monetäre und Arbeitsmarkterträge nach der Humankapitaltheorie
- 22.1.3 Evaluation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen
- 22.1.4 Wider Benefits of Learning (BeLL-Projekt)
22.2 Wirkungen der Steuerung von Weiterbildung
- 22.2.1 Der (National-)Staat als zentraler und modernisierter Steuerungsakteur
- 22.2.2 Steuerung durch inter- und supranationale Organisationen
- 22.2.3 Steuerung in und durch Organisationen und ihre Umwelten
22.3 Potenziale der Weiterbildung und ihrer Steuerung
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